Freitag, Oktober 14

Regen, Kriegsmahnmale und das freundliche Serbien

Da stehe ich gestern endlich sehr früh auf, damit ich meine geplante Monsteretappe bis Novi Sad an einem Tag schaffe, und was muss ich feststellen: es regnet, als ich zum Bäcker gehe mir ein Frühstück holen! Verdammt. Einige Möglichkeiten durchgespielt entscheide ich mich doch den Tag zu nutzen, um mein Equipment auf Regentauglichkeit zu testen. Die Motivation des Ruhetags in Novi Sad vor Augen treibt mich auf den Weg in die 128 km entfernte Stadt in Serbien.

Bis 12 Uhr bin ich dann doch im Regen vorbei an einigen Gedenkstätten und auch 2 Warnschilder, die an den Bürgerkrieg erinnern, in Vukovar angekommen - mit der Erkenntnis, dass meine Ausrüstung von ODLO und das Rad dem absolut gewachsen ist. Toll, ich bin auch noch immer motiviert fuer die restlichen 85 km, da es mittlerweile auch aufgehört hat zu regnen. In Vukovar selbst steht der zerschossene Wasserturm als Mahnmal gegen den Krieg, und in doch noch vielen Haeusern sieht man faustgroße Einschusslöcher. Zum Erschaudern denke ich mir, auch wenn ich bei den ganzen Männern am Weg daran denken muss, dass sie auch hier gekämpft haben muessten.

Weiter am Nachmittag geht's über die schoene Grenzstadt Ilok nach Serbien, auf Landesstrassen ohne Radfahrstreifen entlang der Donau, die man immer wieder am Wegesrand sieht. Beim Grenzübertritt bin ich vom serbischen Grenzbeamten auf Englisch, bestimmt aber freundlich zu meiner Reise befragt worden, damit ich meinen Stempel bekomme. Danach winkt mir gleich der erste Bauer von seinem Traktor zu, ein Mann deutet mir einen Daumen nach oben und sowieso nur begeisterte und freundliche Gesichter begegnen mir, als ich mit dem Fahrrad an ihnen vorbeikomme. Der Weg ist durch die grenznahen kleinen Dörfer schon beschwerlich, da es sehr hügelig ist und ich insgesamt 9 knackige, kurze Anstiege mit 8 % meistern muss. Andererseis sieht man auch wie ärmlich die Menschen hier wohnen und versteht die Bewunderung für meine Fahrt hierdurch, da hier sicherlich ausser harter Arbeit kein Platz für Sport ist. Teilweise erschütternde Zustaende in den Höfen - Dreck, freilaufende Hühner auf den Strassen, zusammengefallene, aber noch genutzte Ställe und Haeuser. Je näher ich Novi Sad komme, werden die Orte gepflegter und ich muss mich dann nur den ersten freilaufenden Hunden stellen. Einer fletscht so die Zaehne und verfolgt mich, dass ich erstmals den Pfefferspray (Danke Rene) griffbereit habe! Nachdem ich ihn doch abschütteln konnte, denke ich mit Gänsehaut an die vielen noch zu erwartenden ähnlichen Erlebnisse in Rumänien - davor wird man schon in Reiseführern gewarnt.

Bei Cerevic bleibe ich dann kurz stehen, da ich 2 Jungs bei meinem geliebten Tennisspiel beobachten kann. Nicht üblich sind jedoch, die alten Schläger mit gerissener Bespannung und Bälle, die so wirken, wenn wie sie schon x-mal in der Donau gelandet wären. Von den katastrophalen Platzverhaeltnissen mal abgesehen. Ich deute auf die Gruppe, und bitte fotografieren zu dürfen. Nach ein paar Fotos rufen sie mich zu ihnen rüber und wir kommen ins Gespräch über Novak Djokovic und Rafael Nadal. Ich bitte um die Adresse und verspreche ihnen, meine alten Schläger und neue Bälle zu senden.

Schon in der Dämmerung entscheide ich mich die Fähre zu nehmen und die letzten 13 km nach Novi Sad auf der nördliche Uferseite zu befahren, da ein Radweg eingezeichnet war. Auf der alten Fähre, die wieder ein Erlebnis fuer sich war (wir rammen ein anderes Boot, die Autos und der Traktor verändern während der Fahrt nochmal ihre Position etc), schliesse ich schnell Bekanntschaft mit den Mitfahrern. Jeder ist interessiert an meiner Fahrt bis Romania, dass ich sogar die Ueberfahrt geschenkt (ich hätte die 50 Cent gerne bezahlt), und einen frischen Apfel vom Bauern spendiert bekomme. Ich bedanke mich mit kleinen Schokoriegeln, die aber dankend abgelehnt wurden. Die Freundlichkeit überrascht mich, ebenso wie der imposante Anblick der beleuchteten Festung Petrovaradin nach der Einfahrt in Novi Sad bei Dunkelheit.

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