Montag, November 7

Auf der Allee der Kormorane zum Fischerdorf Sfanto Gheorghe

Da ich bisher nur die Postkarte am Samstag gesendet habe, folgt hier noch ein kleiner Nachbericht zu den Erlebnissen am vergangenen Wochenende. Anders als geplant bin ich am Samstag nicht zu Fuß an die Stelle der Mündung des Sulina-Kanals gegangen, sondern mit dem Boot gefahren. Ein junger einheimischer Künstler namens Christian hat mich am Kai mit den Worten 'You are the Austrian' aufgehalten, um mir mein Rad abzukaufen. Er hatte wohl von Andreas erfahren, dass ich mit dem Bike hier bin.

Kurzerhand schwatzt er mir einen Boottrip auf, der dann doch von einem Freund samt seiner Schwester durchgeführt wurde. Der Ausflug war eigentlich als Fototrip für Christian geplant, den nun ich bezahlt habe - na gut. Es war trotzdem die richtige Entscheidung. Zu Fuss hätte ich zwar den letzten Teil der "Landmasse" an der Donau erreicht, aber auch nur den mit Steinen ausgelegten Kanal der Donau sehen können, der bis nach dem neuen Leuchtturm führt. Die drei jungen "Fremdenführer", die sich hier locker das Geld für Samstagabend verdient haben, haben mich bis zum offenen Meer gebracht und sogar mit vollem Speed zur Sandbank, wo ein Frachter im Sturm aufgelaufen ist und bis dato dort liegt. Erst gestern ist mir auf der Karte aufgefallen, dass wir zu diesem Zeitpunkt auch kurzfristig die ukrainische Seegrenze passiert haben müssen. Am Rückweg nach Sulina gibt's dann im Golf Musura auch noch einen natürlichen Übergang zwischen Delta und Meer zu sehen, sowie ein kleiner Landgang am alten Leuchtturm. Sehr schön.

Der grosse Doors Fan und Maler Christian macht dann doch noch einen Deal mit mir und schwatzt mir begeistert meine Pulsuhr samt Fahrradcomputer ab. Im Gegenzug bekomme ich bei ihm zuhause Bilder von ihm. Gut, passt. Mein Fahrrad habe ich zum Glück doch nicht verscherbelt, obwohl die Versuchung gross war, mir die Organisation und Kosten für den Rücktransport nach Pischelsdorf zu ersparen. Er hatte dann nicht soviel Geld, um mich wirklich in Versuchung zu bringen, denn einerseits hängen an Merida nun die Erinnerungen an diese Reise, andererseits hätte ich nicht die schöne Fahrt gestern auf einem der wenigen Wege im Delta nach Sfanto Gheorghe erleben können.

Über 30 Kilometer, genau kann ich es jetzt ja nicht mehr sagen, führt ein toller, aber technisch schwierig befahrbarer Weg über Schotter, Stein, Erde und zum Schluss auf den Dünen vor Sfanto Gheorghe, über Sand quer durchs Delta Dunarii. Ein Erlebnis für sich, wäre da nicht noch das Delta mit der beeindruckenden Natur, das ewige Rauschen des Meeres, und dann noch die Tierwelt, die einen nicht wie ein Motorboot sofort als Fremdkörper wahrnimmt. Man fährt entlang des Strommasten, wo einem immer wieder Gruppen von Zugvögel überfliegen, und kann dabei auf den Masten sitzende Kormorane beobachten, die erst durch meine Anwesenheit 5 Meter vor ihnen abfliegen. Die Allee der Kormorane, toll. Das Naturerlebnis wird noch gekrönt durch den Überflug eines Pelikans, und die Beobachtung einer auf dem Wasser langsam gleitenden Gänsefamilie bei einer Pause, wo man die Anstrengungen der vergangenen 5 Wochen vergisst und geniesst.

Das letzte Abschnitt vor dem kleinen Fischerdorf Sfanto Gheorghe war dann doch noch ein wenig anstrengend auf tiefem Sand, man wird jedoch sofort mit der Fahrt in der neuen Marina und dem anschliessenden Blick aufs Meer vom Sandstrand bei Sfanto Gheorghe belohnt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen